Deutsches Simutransforum

Normale Version: Wartezeiten im Passagierverkehr
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Im Netzwerkspiel prallten sehr unterschiedliche Spielansätze zum Einsatz von Wartezeiten im Passagierverkehr aufeinander und ich wollte versuchen ein kleines Tutorial dazu zu schreiben. Oder eine Beschreibung wie ich diese einsetze, Diskussion erwünscht.
Für mich ist der Einsatz von Wartezeiten ein sehr wichtiges Element, dass meinen Verkehr effektiver macht, die Fahrzeuge besser taktet (ihnen einen Fahrplan gibt), es mir ermöglicht mehr Passagiere pro Streckeneinheit zu transportieren.
Argumente gegen den Einsatz, die ich bis jetzt gehört habe, sind zum einen, dass ein etwas ungleiches Fahrgastaufkommen zum Problem wird und dass es unrealistisch sei.
Ich denke die manchmal assymetrischen Fahrgastströme (durch die Rückfahrten kommen Fahrgäste an bestimmten Punkten später an) sind ein zusätzlicher Grund für den Einsatz von Wartezeiten, denn diese helfen den Effekt zu mindern und auszugleichen. Die Infrastruktur im Bahnhofsbereich muss allerdings stimmen.
Besonders unrealistisch finde ich das ganze auch nicht. Ein gut eingespieltes System sorgt vor allem dafür, dass die Fahrzüge gleichmäßiger fahren und an wichtigen Bahnhöfen auf Anschlusszüge warten, was sie auch in der Realität machen.

Wie benutze ich Wartezeiten ?

Zwei Fragen stellen sich.
Wo und wie oft soll ich Wartezeiten einstellen und welche Werte soll ich benutzen ?

Im Wesentlichen benutze ich zwei unterschiedliche Arten von Linien. Auf einfachen Linien (zwei Stationen) wird an beiden Punkten eine Wartezeit eingestellt, der Verkehr sollte auf Dauer in beiden Richtungen gleich stark sein, es sei denn, dass sich beim Routing unterschiedlich Hin-und Rückwege ergeben, aber so etwas sollte man ohnehin schnell beseitigen.
Bei Linien mit einer assymetrischen Passagierverteilung gilt es den Punkt zu ermitteln, an dem das Fahrgastaufkommen am Größten ist. Hier sollte man die Wartezeit einstellen um das Fahrzeug zu takten. In der Regel wird das ein wichtiger Umsteigepunkt sein, im Stadtverkehr (Vorsicht: Haltepunkte koordinieren) kann es aber auch das Rathhaus oder ein attraktives Touristenziel sein.
Es gibt auch Linien, die etwas zwischen diesen beiden Arten liegen. Ein typisches Beispiel: Man hat eine Linie, die von einem zentralen Bahnhof ins Land fährt. Am Ende dieser Linie liegt ein Halt, der erneut ein Umsteigepunkt ist, von dem aus die Linie sich Richtung des zentralen Bahnhofs erst langsam füllen wird. Hier könnte ich wünschen, an diesem kleineren Endpunkt ebenfalls eine Wartezeit einzustellen (wie in Fall 1), ich muss jetzt aber beachten, hier einen kleineren Wert einzugeben, die Taktung/der höhere Wert der den Rythmus bestimmt sollte nach wie vor durch den anderen Halt erfolgen. Weitere Stationen mit Wartezeiten bringen wenig. Entweder sie sind überflüssig, weil die Züge ohnehin regelmäßig fahren oder sie machen das System kaputt. Theoretisch könnte ich zwar überall einen Wert eingeben, der gut balanciert ist, aber dieser Aufwand ist völlig unnötig. Ich habe nur sehr selten mehr als zwei eingetragene Wartezeiten für eine Linie.

Welche Wartezeiten sollte man einstellen ?

Eine spannende Frage. Grundsätzlich gilt, dass das Fahrgastaufkommen der Karte gelesen werden muss (siehe das Beispiel von eben mit den unterschiedlich gewichteten Anfangs- und Endpunkten).
Vor allem treffen wir jetzt aber auf sehr unterschiedliche Arten von Linien. Auch die Frachtlinie wäre hier eine spezielle, über die ich nicht schreibe, weil das klar sein dürfte.
Welche Linien gibt es ?

Die Fernverkehrslinie
Mit diesen Linien wird Geld gemacht. Entsprechend hoch sollte der Wert gewählt sein. Bei mir sind es meiste zwischen 70% und 80%. Die Wartedauer hängt vom Rythmus des Verkehrs ab. Zu Spielbeginn oft ein ganzer Monat, später kann es bis auf 1/16 runter gehen. Die Höhe der Prozentwerte kann auch von den verwendeteten Zügen abhängen (gerade auch von denen, die die wartenden Züge mit Fahrgästen versorgen). Meist kann man die Züge innerhalb eines Spiels balancieren, bis der Wert passt.

Die Nahverkehrslinie (Balancinglinie)
Ein Zug der auf einer Strecke verkehrt, die bereits von einer anderen Linie bedient wird. Ist eine meiner Lieblingslinien und ich verwende sie oft. Das Ziel dieser Linie ist meist, die Fernverkehrslinien effektiver zu machen.
Typisches Beispiel: Groß Bahnhof - kleinerer Bahnhof - 1 - 2 - Ende
Wenn hier nur eine Linie verkehrt, leer sich der Zug hinter dem zweiten Bahnhof schon schnell und die Züge fahren viel zu oft bis zum Ende. Eine Linie, die nur zwischen den ersten beiden Bahnhöfen verkehrt bringt Besserung.
Das sind die Linien mit den höchsten Wartezeiten (zwischen 80%-95%), denn ich möchte, dem Fernverkehrszug möglichst viele Passagiere auf dieser Strecke abnehmen. Der Wert kann allerdings zu hoch sein, wenn bei den hinteren Punkten nicht mehr genug Platz im Zug ist (weil der Fernverkehrszug nicht mehr genug Passagiere zum kleinen Bahnhof aufnimmt, die dann dort aussteigen). Balance ist gefragt.

Der Passagierlieferant
Dies können "schwere" Linien sein, die Passagiere aus großen Städten zu einem wichtigen Umsteigepunkt bringen, schwere Stadtlinien oder Linien, die in der Kartenmitte große Ströme abarbeiten sollen.
Das sind schwierige Linien, denn ein schneller und effektiver Verkehr ist hier besonders wichtig. Vor allem das Verhältnis von Wartezeit zu Fahrzeit ändert sich. Wenn ich auf einer Fernverkehrslinie nur einen Tag länger hätte warten müssen um einmal weniger eine Reise von einer Woche anzutreten, kann das etwas anderes sein. Etwas mehr Spielraum als bei den Fernverkehrslinien würde ich hier lassen. Meine Werte liegen meist irgenwo zwischen 50% und 70% (50% ist übrigens oft ein Wert mit dem man nicht allzu viel falsch macht, wenn man sich an das ganze Thema Wartezeiten hernatasten möchte).

Die Stadtlinie
Im Grunde auch ein Passagierlieferant. Anders als bei der Linie zuvor sind hier die Verdienstmöglichkeiten geringer und sollten auch nicht im Vordergrund stehen. Aber wie schon gesagt, der Verkehr wird auch effektiver mit klugen Wartezeiten. Gerade im Shuttleverkehr von Bussen wird man das schnell merken. Da gibt es dann Linien, die ähnliche Zeiten verwenden wie der Passagierlieferant, andere bekommen eher freie Fahrt. Auch das Vorhandensein guter Haltepunkte spielt hier eine Rolle und kann ein wichtiger Trumpf von Strassenbahnen sein (vor allem auch auf sehr kurzen Strecken zwischen zwei Punkten nur mit einer Bahn). Linien die Passagiere in die Randgebiete der Stadt bringen, bekommen meist freie Fahrt. Die richtigen Haltepunkte wären im Zentrum, aber dort sollen sie nicht herumstehen.

Die Kolonne
Einen Wartepunkt bekommt aber jede Stadtlinie, um das Kolonnefahren zu bekämpfen. Das ist keine große Sache und einfach zu erreichen. Ich benutze 1/64 bei 50% als absoluten Standdard. Ich glaube andere benutzen sogar 1/128. Das mache ich nicht, weil ich auch den Kolonnenpunkt als "echten" Wartepunkt nutze (dort warten, wo es sich lohnt). Wenn ich einen freien Punkt im Stadtzentrum (am Umsteigepunkt) habe, nehme ich den. Wenn ich dort auf keinen Fall herumstehen möchte, wähle ich den letzten Punkt, der aus den Randgebieten aufs Zentrum zuläuft (hohes Fahrgastaufkommen).

So das wars jetzt erst einmal. Vielleicht schiebe ich noch ein paar Bilder nach mit Bahnhöfen, die gut für Züge ausgerichtet sind, die mit Wartezeiten arbeiten. Im Netzwerkspiel habe ich es auch immer wieder gemocht, dass ich schon mehr Fahrzeuge auf die Strecke stellen konnte, weil die Wartezeiten hier ein tolles Regulierungswerkzeug sind (braucht aber noch etwas mehr Infrastruktur im Bahnhofsbereich - die ist allerdings nie verkehrt).

Habe jetzt noch ein Bild eingefügt. Wollte eigentlich einen größeren Bahnhof einfügen, aber ich fand, dass man da die wesentlichen Dinge kaum noch erkennen konnte. Deshalb ein einfaches Bild, das das wichtigste Grundprinzip darstellt. Auch die komplexeren Bahnhöfe gehen immer wieder darauf zurück. Für jede Richtung, aus der Züge auf einen Bahnhof zukommen, sollte ein Gleis reserviert sein, das aus keiner anderen Richtung erreicht werden kann. Wenn aus einer Richtung sehr verschiedene Züge kommen, muss ich das vielleicht noch einmal untergliedern. Das Bild zeigt einen einfachen Fall mit zwei Linien aus zwei Richtungen. Das obere und untere Gleis wird jeweils nur aus einer Richtung genutzt und das mittlere Gleis steht beiden als zusätzliches Gleis bereit. Man kann auch ganz ohne Auswahlsignale arbeiten. Genug Warteraum im Vorfeld des Bahnhofs braucht man ohnehin.