Badenia, 2A n2
Die Bauart Crampton - benannt nach ihrem Konstrukteur Thomas Russell Crampton - wurde ab 1846 gebaut. Ihre kontruktiven Merkmale waren ein niedriger Kessel und
ein sehr großes Treibrad bei großem Gesamtradstand. Mit dem großen Raddurchmesser wollte man die Drehzahl und Frequenz der oszillierenden Massen bei hohen Geschwindigkeiten gering halten, ein Prinzip, das bis zu den letzten gebauten Kolben-Dampfloks Gültigkeit hatte (große Räder = Schnellzuglokomotive). Als Grenze galten 400 Umdrehungen pro Minute.
Bei der Bauart „Crampton“ ließen sich bei tiefer Lage des Langkessels extrem große Treibräder verwenden, da die Treibachse hinter der Feuerbüchse gelagert wurde. Die besonders tiefe Kessellage wurde damals irrtümlicherweise als wichtig für eine hohe Laufruhe der Maschine angesehen, da die Stephensonschen Lokomotiven auf Grund des kurzen Radstands zu Nicken, Zucken, unruhigem Lauf und Entgleisen neigten.
Diese Auffassung wurde insbesondere durch die Konstruktionen von Karl Gölsdorf
mit besonders hoher Kessellage widerlegt. Daß die Crampton-Lokomotiven tatsächlich wesentlich laufruhiger waren als Stephensons „Long Boiler“-Maschinen, lag an der insgesamt besseren Gewichtsverteilung, dem großen Radstand und den nahe dem Lokschwerpunkt angebrachten Zylindern, was dazu beitrug, daß sich die irrige Meinung bezüglich der tiefen Kessellage sehr lange hielt. Lokomotiven der Bauart Crampton erreichten die für damalige Zeiten sensationelle Geschwindigkeit von 120 km/h. Ein Rekord in England von 126 km/h führte zur endgültigen Abkehr von der Breitspur (2134mm) auf der Insel.
In Deutschland gab es insgesamt 135 Cramptons (weltweit ca 300), vor allem in Süddeutschland. Die Badenia gehörte der Großherzoglich Badischen Staatseisenbahn (Gattung IX alt, Baujahr ab 1854, ausgemustert 1903). Für eine "richtige" Crampton hatte die Badenia eigentlich einen zu kurzen Radstand. Anfänglich war der Führerstand offen und nur von einem Geländer umgeben, erst später wurde durch den Aufbau eines einfachen Führerhauses mit schmalen Seitenwänden das Lokpersonal besser geschützt. Der Treibraddurchmesser betrug sagenhafte 2134mm. Höchstgeschwindigkeit und Leistung sind nicht bekannt, vermutlich war die Maschine für 90km/h zugelassen. Die Schnellzüge dürften nicht sehr lang gewesen sein, da die einzelne, wenig belastete Treibachse sicher sehr schnell zum Schleudern neigte.
Als die Reibungsmasse von rund 12 t nicht mehr für die schwerer werdenden Schnellzüge ausreichte, wurden die Loks in den Reisezugdienst und später in den Rangierdienst versetzt.
Die 26 Lokomotiven der Gattung bad. IX alt waren mit Außenrahmen, außen liegenden Zylindern und Hallschen Exzenterkurbeln (die später bei den ersten ELoks Renaissance feierten) ausgestattet. Seltene Varianten der Crampton hatten die Achsfolge 3A oder innen liegende Zylinder, die aber dann die Treibachse über ein Zwischengetriebe antreiben mußten.
Die versteckten, unbeabsichtigen Vorteile dieser Bauart wurden von den Zeitgenossen damals nicht erkannt. Dazu gehörte erstmals der Rahmen als eigenständiges Konstruktionselement, der den Kessel (siehe meine Bemerkungen zur Borsig) von Zug- und Stoßkräften frei hielt, sowie kurze Dampfleitungen von großem Querschnitt, die die Drosselverluste gering hielten. Dies war ein weiterer Grund für die hohen Geschwindigkeiten, die die Cramptons erzielten. Diese thermodynamischen Konstruktionsgrundsätze ("innere Stromlinie") wurden erst von dem genialen französischen Konstrukteur André Chapelon wiederentdeckt und konsequent umgesetzt.
PS: der Tender wird noch konstruiert, geplant ist ein zweiachsiger, der auch zu anderen Maschinen paßt.